Anfang der 1990er Jahre verfolgte die Bremer Politik rücksichtslos die Personen, die sie verdächtigte, mit illegalisierten Drogen zu handeln. Dies reichte von Eingriffen in die Bewegungsfreiheit – viele Betroffene durften ganze Stadtteile (wie das Ostertor/Steintor) nicht betreten – bis hin zu gewaltsamer und gewalttätiger Behandlung: Hausdurchsuchungen, körperliche Gewalt, Übergießen mit kaltem Wasser, Einsatz von Elektroteasern, Würgegriffe. Die Maßnahmen hatten von Beginn an eine rassistische Dimension: Betroffen waren vor allem Schwarze Menschen und auch Kurd*innen.
In dieser brutalisierten Atmosphäre begannen die Polizeiärzte Männche und Kondrat in Eigenregie, den so verdächtigten Personen das schon in geringer Dosis toxische Brechmittel Apomorphin zu spritzen. Polizeispitze und Justiz gaben sich ahnungslos. Als die – rechtlich unzulässige – Tätigkeit der Ärzte aufgrund der nachhaltigen Aufklärung der Öffentlichkeit durch das AntiRassismusBüro Bremen (ARAB) staatlicherseits eingeräumt werden musste, hatte dies nicht etwa die sofortige Beendigung der gefährlichen Maßnahme zur Folge. Die Informationskampagne des ARAB führte zwar dazu, dass die Apomorphin-Spritzen ab Mitte der 1990er Jahre kaum noch eingesetzt wurde und sich der Polizeiarzt Männche von seiner Tätigkeit zurückzog. Ansonsten wurde die Brechmittelvergabe jedoch durch Vorschriften und Erlasse in den geregelten „Beweissicherungsalltag“ – so nannte es Ex-Bürgermeister Scherf 2013 in seiner Aussage vor Gericht – überführt und statt Apomorphin wurde Betroffenen der Brechsirup Ipecacuanha verabreicht. Die Brechmittelfolter war professionalisiert und institutionalisiert.
Das ARAB hat in seiner Broschüre ‚Polizisten, die zum Brechen reizen‘ aus dem Jahr 1995 einige erschütternde Aussagen von Menschen dokumentiert, die zur Einnahme von Brechmitteln gezwungen wurden. Unter anderem diese sind auf dieser Website auch unter Betroffene berichten zu finden.
Auf dem Hearing der Initiative in Gedenken an Laye Alama Condé im Juni 2014 blickten zwei Aktivist*innen zurück auf die umkämpften ersten Jahre Der Brechmittelvergabe: Der Beginn der Brechmittelfolter in den 1990ern und die Strafverfolgung gegen ihre Kritiker_innen.
Das gesamte Hearing ist HIER als Broschüre und HIER als Videomitschnitt zu finden.