Entschädigung!

2006 endete die zwangsweise Vergabe von Brechmitteln in Bremen. Grund dafür war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieses Urteil wurde nach jahrelanger juristischer Auseinandersetzung mit Gerichten in Deutschland von einem Betroffenen aus Wuppertal erstritten. Der EGMR urteilte, dass die Rechte von Herrn Jalloh durch die staatliche Maßnahme der Brechmittelvergabe massiv eingeschränkt worden waren und legte fest, dass das an ihm begangene Unrecht „angesichts der Leiden und Verzweiflung wegen der Behandlung“ materiell zu entschädigen sei. Herrn Jalloh wurden 10.000 Euro Entschädigung zugesprochen.

Das Land Bremen orientierte sich im Jahr 2007 in einem außer-ordentlichen Verfahren mit der Mutter von Laye Condé an dieser Summe und sprach ihr ebenfalls 10.000 Euro Entschädigung zu. „Das ist das Schmerzensgeld, das Herrn Conde zugestanden hätte, wenn er überlebt hätte“, erläuterte damals die Anwältin der Mutter von Herrn Condé als Vertreterin der Nebenklage.

Laye Condé wurde durch die Vergabe von Brechmitteln getötet. Alle anderen Betroffenen haben diese Foltersituation unter Schädigung ihrer physischen und psychischen Gesundheit überlebt. Sie haben ebenso ein Recht auf Entschädigung.

Dieses Anrecht kümmert den Bremer Senat bisher jedoch in keiner Weise: er lehnt Entschädigungen pauschal ab. Die Brechmittelvergabe wurde offenbar so schlecht dokumentiert, dass die Namen der Betroffenen nicht oder jedenfalls nicht ohne einen gewissen Verwaltungsaufwand zu ermitteln sind. Der Senat benutzt diese von ihm selbst zu verantwortende Situation der mangelhaften Dokumentierung und fehlenden Transparenz dazu, die Forderung nach Entschädigungen für alle Betroffenen abzuwehren – zugleich spricht die Bremer Regierung in einer Antwort auf eine Große Anfrage in der Bürgerschaft 2018 von „Respekt“, den er dem EGMR-Urteil entgegenbringe.

Dieser „Respekt“ müsste auch gebieten, staatlicherseits nach effektiven Wegen zu suchen, die Betroffenen dieser unrechtmäßigen staatlichen Gewalt ausfindig zu machen. Es muss schließlich ein Verfahren auf den Weg gebracht werden, mit dem Betroffene für das erlittene Unrecht entschädigt werden können.

X Entschädigung für alle Betroffenen von Brechmittelfolter